Berlin – Die Polizei in Deutschland hat im vergangenen Jahr erneut mehr Fälle von Kindesmissbrauch und von Misshandlungen Schutzbefohlener registriert. Das geht aus Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik hervor, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurden.
So stieg die Zahl der Misshandlung Schutzbefohlener um zehn Prozent auf 4918 Fälle, Kindesmissbrauch stieg demnach um 6,8 Prozent auf über 14.500 Fälle. Um mehr als 50 Prozent wuchs die Zahl erfasster Fälle von Kinderpornografie auf 18.761 Fälle. 152 Kinder kamen gewaltsam zu Tode.
Die Taten ereigneten sich nicht alle im vergangenen Jahr, wie Holger Münch, der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), erklärte. Die Statistik ist eine Ausgangsstatistik, erfasst also die Fälle zu einem Zeitpunkt, an dem die Polizei ihre Bearbeitung abschließt. So sei mehr als ein Viertel der erfassten Straftaten nicht 2020, sondern bereits davor geschehen. Zudem gebe es eine hohe Dunkelziffer. Ein direkter Zusammenhang zwischen den gestiegenen Zahlen und der Corona-Pandemie sei auch deswegen nicht belegbar, sagte Münch.
Hier können Sie die Pressekonferenz nachschauen:
Der WEISSE RING hat bereits im vergangenen Jahr vor einem Anstieg Häuslicher Gewalt – und damit auch Kindesmisshandlungen – gewarnt. „Die Corona-Krise zwingt die Menschen, in der Familie zu bleiben, hinzu kommen Stressfaktoren wie finanzielle Sorgen und Zukunftsunsicherheit,“ sagte der Bundesvorsitzende Jörg Ziercke im vergangenen Dezember.
Und weiter: „Diese Spannung kann sich in Gewalt entladen. Unsere Opferhelfer kennen das von Festtagen wie Weihnachten: Wenn die Menschen tagelang zu Hause sind, gehen die Fallzahlen in die Höhe. Die Kontaktsperre wegen Corona dauert aber sehr viel länger als Weihnachten, die Stressfaktoren sind auch größer. Wir müssen deshalb mit dem Schlimmsten rechnen.“
Demnach würden sich häusliche Gewalttaten nicht sehr schnell in Zahlen niederschlagen. „Das kommt erst nach und nach. Wir wissen aus Studien, dass Frauen bis zu sieben Anläufe brauchen, um sich aus einer gewalttätigen Beziehung zu befreien“, sagte Ziercke.
Quelle: dpa/WR