Wiesbaden – In Deutschland gelten derzeit mehr als 1600 Kinder unter 14 Jahren als vermisst. Das teilte das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden zum „Tag der vermissten Kinder“ am heutigen Mittwoch (25.5.) mit. In den noch nicht geklärten Fällen seien neben Dauerausreißern auch Kindesentziehungen und unbegleitete Flüchtlingskinder erfasst, die aus ihren Unterkünften verschwunden seien. Insgesamt sei der Anteil der Kinderschicksale, die auch nach längerer Zeit nicht geklärt werden könnten, sehr gering.
Nach BKA-Angaben wurden in den vergangenen Jahren durchschnittlich etwa 15.700 Kinder und Jugendliche im Jahresverlauf als vermisst gemeldet. Die Aufklärungsquote liege bei etwa 97 Prozent. Wenn Kinder und Jugendliche verschwänden, gebe es dafür unterschiedliche Gründe wie etwa Probleme in der Schule oder mit den Eltern sowie Liebeskummer. Oder Eltern stritten sich um das Sorgerecht. Der älteste noch in der BKA-Datei enthaltene Vermisstenfall eines Kindes stammt aus dem Jahr 1964.
„Dramatische“ Situation für Eltern
Für Eltern verschwundener Kinder sei das „mit die schwerste Situation, die man aushalten“ müsse, sagt die Bundesgeschäftsführerin des WEISSEN RINGS, Bianca Biwer. Der Faktor Zeit spiele eine große Rolle, wenn ein Kind verschwinde. Es sei wichtig, früh und schnell eine breite Öffentlichkeit einzubinden. Hinter dem Verschwinden stecke allerdings selten eine Straftat, etwa eine Sexualstraftat.
Bei vielen Betroffenen, deren Kinder vermisst bleiben, komme „eine immer wiederkehrende vernichtende Enttäuschung“ dazu. Als Beispiel nennt Biwer eine Frau, die auch nach 30 Jahren noch immer bei jedem Klingeln des Telefons oder an der Tür hofft, dass es ihre verschwundene Tochter ist. „Diese Menschen brauchen eine lange Begleitung und psychologische Unterstützung, mit der Situation umzugehen“, sagt Biwer.
Betroffene stabilisieren
Der WEISSE RING betreue eine zweistellige Zahl von Opfern, deren Kinder vermisst werden und kooperiert dabei mit anderen spezialisierten Hilfsorganisationen. Diese Menschen müssten „stabilisiert werden, trotz der Situation noch ein eigenes Leben leben zu können. Das ist schwierig für die Betroffenen.“
Dem BKA zufolge gehen insgesamt – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – täglich rund 200 bis 300 neue Fahndungen nach vermissten Personen bei der Polizei ein, etwa dieselbe Zahl an Fahndungen könne zugleich wieder gelöscht werden. Erfahrungsgemäß erledige sich die Hälfte der Vermisstenmeldungen innerhalb der ersten Woche. Nur in drei Prozent der Fälle würden Menschen länger als ein Jahr vermisst.
Quelle:
Text: C.J. Ahlers (WEISSER RING) mit Material der dpa
Foto: Mohssen Assanimoghaddam