Berlin – Der Deutsche Presserat hat im vergangenen Jahr mit 60 Rügen deutlich mehr seiner schärfsten Sanktionen ausgesprochen als in den Vorjahren. 2020 waren es noch 53 Rügen gewesen, nach 34 im Jahr 2019. Das teilte die freiwillige Selbstkontrolle der Presse – also von Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien – am Mittwoch in Berlin mit. Hinzu kamen 83 Missbilligungen und 97 Hinweise, die schwächere Sanktionen sind.
Jede dritte Rüge (22) gab es dieses Mal, weil Redaktionen den Persönlichkeitsschutz nach dem Pressekodex verletzten: Fotos, Namen oder sensible Informationen über Betroffene wurden dabei ohne deren Zustimmung publiziert. 21 Rügen kamen rund um den Komplex Schleichwerbung hinzu.
Übersicht der 2021 ausgesprochenen Rügen auf presserat.de
Eine öffentliche Rüge bedeutet, dass das entsprechende Medium diese transparent für die Leser veröffentlichen muss. Immer wieder hatte es in der Vergangenheit Kritik gegeben, wenn Pressehäuser dieser Vorgabe nicht gefolgt waren. Bis Ende Februar hatten Medienhäuser rund 80 Prozent der 2021 ausgesprochenen Rügen publik gemacht, wie es weiter im Jahresbericht des Presserats hieß.
Auch die Corona-Pandemie spiegelt sich in den Rügen wider. Fünfmal fielen Berichte mit Corona-Bezug darunter, wie es weiter hieß. Zum Beispiel hätten diese unbegründete Hoffnungen geweckt oder Studien sowie behördliche Angaben seien falsch wiedergegeben worden.
Insgesamt führen „Bild“-Medien die 2021er Statistik mit 26 von 60 Rügen an. „Kein anderes Medium kommt auch nur annähernd auf so viele Rügen“, hieß es dazu am Mittwoch.
Die Zahl der Beschwerden ging nach dem Rekord 2020, als es mit 4085 fast doppelt so viele gegeben hatte wie 2019, wieder zurück – bleibt aber auf hohem Niveau. 2021 erreichte die Selbstkontrolle 2556 Beschwerden. Regionale Tageszeitungen waren am häufigsten Beschwerdegegner, gefolgt von Boulevardzeitungen, Zeitschriften und überregionalen Tageszeitungen. Mehr als 90 Prozent der Beschwerden kamen von Privatpersonen. Die Übrigen von Vereinen, Parteien, Unternehmen oder Behörden.
Der Presserat nahm fast 1100 Beschwerden (42 Prozent) nicht zu einer Prüfung an. Er nannte dafür mehrere Gründe: Zum Beispiel bezogen sich diese auf die Nicht-Veröffentlichung von Leserbriefen. Oder sie drehten sich um Artikel, die schon älter als ein Jahr waren und damit die Beschwerdefrist abgelaufen war. Auch Beschwerden über Radio- oder Fernsehbeiträge wurden abgelehnt, weil der Rat dafür gar nicht zuständig ist.
Quellen:
Text: dpa
Foto: congerdesign/pixabay