Digitale Gewalt

„Eine kleine Narbe bleibt immer“

Moritz Müller spielt in der DEL, der höchsten deutschen Eishockey-Liga. Der Profi der Kölner Haie sah sich Anfang 2024 mit einer Hassnachricht konfrontiert. Ein Gespräch über die Folgen.

Foto: Kölner Haie

Eishockey-Profi Moritz Müller erhielt im Januar 2024 auf seinem Instagram-Profil eine verstörende Hassnachricht. Ein Unbekannter drohte darin unter einem Foto Müllers mit seinen drei Kindern: „Ich würde diese Würmer für so ein schreckliches Spiel von dir töten.“ Im Interview mit der Redaktion des WEISSEN RINGS erklärt der Kapitän der Eishockey-Nationalmannschaft, was die Hassbotschaft bei ihm ausgelöst hat, was aus seiner Strafanzeige geworden ist und welche Botschaft er für Verfasser von Hassnachrichten hat.

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie den Hassbeitrag entdeckt haben?
Als ich den Post das erste Mal gesehen habe, war ich geschockt. Man ist ja doch einiges gewohnt und hat schon einiges gelesen über sich selber, aber das war für mich auf jeden Fall noch mal eine Grenze, die dort überschritten wurde. Das hat mich schon erschüttert.

Wie haben Sie das Erlebnis verarbeitet, und was hat Ihnen dabei geholfen?
Ich denke, ich konnte den Post von Anfang an ganz gut einschätzen. Nichtsdestotrotz hatte ich Sorge, dass meine Kinder zum Beispiel in der Schule oder auf dem Schulhof darauf angesprochen werden. Man ist leider einiges gewohnt, aber dies war nochmal eine neue Eskalationsstufe. Ein bisschen verarbeitet man dies, aber eine kleine Narbe bleibt immer bestehen.

Waren Sie davor schon einmal mit Hass und Hetze im Netz konfrontiert?
Ja, auf jeden Fall. Ich treibe seit 20 Jahren professionellen Sport. Leider gibt es viele Menschen, die das Netz nutzen, um ihren Frust zu äußern. Kritik ist okay, aber alles, was persönlich wird, geht nicht. Ich tue mich nicht so schwer damit, das so einordnen zu können, dass es den Leuten selber nicht gutgehen kann. Ich glaube, jemand, der wirklich glücklich ist, dem kann unmöglich etwas daran liegen, andere Leute zu beschimpfen oder schlechtzumachen.

Warum haben Sie den Beitrag selbst kommentiert?
Ich wollte darauf aufmerksam machen. Die meisten Nachrichten, die ich bekomme, mache ich nicht öffentlich, doch in diesem Fall musste ich es teilen. Ich wollte das nicht einfach so stehen lassen und die Öffentlichkeit wissen lassen, was da vorgeht.

Welche Unterstützung haben Sie von Ihrem Verein bekommen?
Der Club hat mir totale Unterstützung zugesagt. Ich wurde unmittelbar nach dem Post vom Verein gefragt, was ich tun möchte – und was auch immer ich tun möchte, der Verein würde mich dabei unterstützen.

Ist der Täter angezeigt und dafür strafrechtlich belangt worden?
Ich habe Strafanzeige gegen den Täter gestellt, doch das Verfahren wurde leider eingestellt. Die Leute im Internet sind zwar mutig, aber nicht so mutig, ihren Klarnamen zu verwenden und zu sagen, wer sie wirklich sind. Deswegen konnte man den Täter leider nicht ermitteln.

Was würden Sie solchen Menschen persönlich sagen? Allen Leuten, die solche Sachen schreiben, möchte ich eigentlich nur eine Sache sagen: Ich hoffe, sie sind mit ihrem eigenen Leben genauso kritisch und streng wie mit dem Leben anderer. Ich glaube, dann würde es allen besser gehen.

Christoph Klemp