Definition von Judenfeindschaft

Definition: Was ist Antisemitismus?

Juden geht es nur um Geld? Der Holocaust ist eine Erfindung? Hier erklären wir, was hinter Antisemitismus steckt.

Foto: Chen/Pixabay

Der Begriff Antisemitismus wurde im Jahr 1879 von dem Journalisten und Judenfeind Wilhelm Marr geprägt. Heute bezeichnet Antisemitismus alle Formen der Judenfeindschaft. Dazu gehören auch moderne Varianten wie der sogenannte Sekundäre Antisemitismus, der den Holocaust leugnet oder relativiert. Judenfeindschaft kann sich offen oder auch mithilfe von Codes äußern. So wird etwa die Bankiersfamilie Rothschild immer wieder als Synonym für Juden und eine angeblich jüdische Finanzmacht verwendet.

Hintergrund: Antisemitismus in Deutschland – Hass von allen Seiten

Antisemitismus ist trotz vieler Gemeinsamkeiten nicht bloß eine Variante des Rassismus. Vielmehr werden Jüdinnen, Juden und das Judentum in einer komplexen Welterklärung, etwa durch Verschwörungserzählungen, als das Böse schlechthin dämonisiert. Typische Stereotype sind die von hinterlistigen Strippenziehern und einer mächtigen Elite, der kollektive Eigenschaften wie ein destruktives Übermaß an Intelligenz und Reichtum zugeschrieben werden.

Eine einheitliche Definition des Antisemitismus existiert nicht. Gleichwohl gibt es eine Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) aus dem Jahr 2016, die unter anderem von vielen Regierungen und auch vom Antisemitismusbeauftragten des Bundes übernommen wurde. Sie lautet:

Die IHRA-Definition wird mitunter als zu allgemein kritisiert. Zudem wird die Frage, wann Kritik am Staat Israel antisemitisch ist, weltweit kontrovers diskutiert. Zu den prominentesten Kritikern gehören die Unterstützer der sogenannten „Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus“ von Forschenden und Intellektuellen aus dem Jahr 2021. Deren Definition beschränkt sich auf „Diskriminierung, Vorurteil, Feindseligkeit oder Gewalt gegen Jüdinnen und Juden“ als solche sowie auf jüdische Einrichtungen. In der Erklärung wird zudem die Bewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen), die zum Boykott Israels aufruft, als nicht per se antisemitisch dargestellt.

Chronik: Antisemitische Taten in Deutschland, 2023

Ebenso verhalte es sich mit Parolen wie „from  the river to the sea (Palestine will be free)“. Dagegen sieht etwa die Staatsanwaltschaft Berlin in dieser Parole, die ein freies Palästina vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer (also auch auf dem Staatsgebiet Israels) fordert, nach dem Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober den Anfangsverdacht der Volksverhetzung erfüllt. Denn mit der Parole wird dem Staat Israel de facto das Existenzrecht abgesprochen.

Zur Unterscheidung zwischen legitimer Kritik an Israel und israelbezogenem Antisemitismus empfehlen etwa die beiden von der Bundesregierung eingesetzten unabhängigen Expertenkreise Antisemitismus den 3-D-Test des ehemaligen israelischen Ministers Natan Sharansky. Demnach liegt Antisemitismus dann vor, wenn:

  1. Dämonisierung des Staates Israel erfolgt und/oder
  2. Doppelstandards an Israel angelegt werden und/oder
  3. Delegitimierung des Staates Israel betrieben wird.

Michael Kraske