Mainz – Fälle von sexueller Gewalt im Bistum Mainz sind jahrzehntelang verharmlost, verschwiegen und nicht angemessen verfolgt worden. Zu dem Ergebnis kommt eine am Freitag von dem unabhängigen Rechtsanwalt Ulrich Weber in Mainz vorgestellte Studie. „Das Bistum als verantwortliche Institution hat durch unangemessenen Umgang und mangelnde Kontrolle in vielen Fällen sexuellen Missbrauch begünstigt“, sagte Weber. Pfarrgemeinden hätten mit einer Solidarisierung mit Beschuldigten und der Diskreditierung von Opfern eine Aufklärung erschwert und weitere Vorfälle ermöglicht.
(Foto: Arne Dedert/dpa)
Im Rahmen der Studie waren rund 25.000 Seiten an Akten- und Archivmaterial untersucht worden und 249 persönliche, schriftliche oder telefonische Gespräche geführt worden. Nach einer statistischen Analyse waren für den Zeitraum von 1945 bis 2019 zunächst 657 Betroffene und 392 Beschuldigte ausgemacht worden. Dann wurde genauer geprüft, wie sich der jeweilige Tatbestand genau darstellt und wie plausibel der Fall erscheint. Letztlich blieben für die weitere Untersuchung 401 Betroffene und 181 Beschuldigte übrig.
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Quelle:
Text: dpa
Foto: Christian J. Ahlers